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Formen der Insulintherapie

Um verschiedene Patientenkreise und Problemstellungen individuell und möglichst effizient behandeln zu können, wurden in den vergangenen Jahrzehnten verschiedenen Formen der Insulintherapie entwickelt. Abhängig von den Blutzuckerwerten des Patienten und weiteren Faktoren wählt der behandelnde Arzt das individuell am besten passende Schema aus:

  1. Konventionelle Insulintherapie (CT)
  2. Intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT) 
  3. Funktionelle Insulintherapie (FIT)
  4. Supplementäre Insulintherapie (SIT)
  5. Basalinsulin unterstützte orale-Therapie (BOT)
  6. Basalinsulin unterstützte orale-Therapie plus (BOTplus)
  7. Basalinsulin unterstützte Inkretin-Therapie (BIT)
  8. Kontinuierliche subkutane Insulininfusion: Pumpentherapie (CSII)

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Konventionelle Insulintherapie

Die konventionelle Insulintherapie ist eine auf der Gabe von Mischinsulin basierende Therapie, die sich vor allem für Patienten mit einem festen Tagesrhythmus eignet, typischerweise handelt es sich bei diesen Patienten um insulinpflichtige Typ 2-Diabetiker. Zwei- bis dreimal täglich wird zu festgesetzten Zeiten eine bestimmte Menge des Mischinsulins gespritzt. Der genaue Zeitplan der Verabreichungen erfordert das Einhalten fixer Uhrzeiten und die pünktliche Einnahme von Mahlzeiten, ebenso ist die Menge der blutzuckerwirksamen Kohlenhydrate festgelegt. Die konventionelle Therapie sieht außerdem Zwischenmahlzeiten zusätzlich zu den Hauptmahlzeiten vor (vor- und nachmittags sowie eine Spätmahlzeit), um der Wirkungskurve des verabreichten Insulins zu entsprechend und eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) zu vermeiden.

Die konventionelle Therapie ist aufgrund der geringen Flexibilität ein eher praxisfernes Therapiemodell und birgt ein erhebliches Risiko für Hypoglykämien, wenn eine der Zwischenmahlzeiten ausgelassen wird.

Intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT) / Basis-Bolus-Therapie

Die intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT) oder auch Basis-Bolus-Therapie ist eine sogenannte 2-Spritzen-Therapie und wird vor allem bei Typ 1-Diabetikern, bei unzureichender Insulinausschüttung oder bei fortgeschrittenem Typ 2-Diabetes eingesetzt. Die Therapie besteht aus einer Basis-Injektion eines lang wirksamen Insulins (Basis), das den Kohlenhydrat-unabhängigen Insulinbedarf des Körpers abdeckt, und andererseits aus dem sogenannten Mahlzeiteninsulin (Bolus), einem schnell und kurz wirksamen Insulin, welches den durch die Aufnahme von Nahrung bedingten Blutzuckeranstieg reguliert. Je nach Art des verwendeten Insulins und des Blutzuckerprofils wird das Basis-Insulin zwei- bis dreimal täglich verabreicht, das Bolus-Inuslin zu den Mahlzeiten bzw. bei zu hohen Blutzuckerwerten. Auf diese Weise ahmt die Basis-Bolus-Therapie die Tätigkeit der Bauchspeicheldrüse nach.

Im Vergleich zur konventionellen Therapie erlaubt die Basis-Bolus-Therapie eine flexiblere Anpassung an die aktuellen Lebensumstände - Bewegung, Ruhephasen, Arbeit, Sport, etc. - und kann durch stete Blutzuckerkontrolle und Überwachung des Glukose-Stoffwechsels schnell an veränderte Gegebenheiten angepasst werden.

Funktionelle Insulintherapie (FIT)

Der Begriff "funktionelle Insulintherapie" wurde durch eine österreichische Diabetologin, Kinga Howorka, geprägt und hatte eine größtmögliche Selbstständigkeit des Typ 1-Diabetikers zum Ziel. Das Therapiekonzept entspricht im Wesentlichen der Basis-Bolus-Therapie.

Supplementäre Insulintherapie

Die supplementäre (ergänzende) Insulintherapie ist eine Kombinationstherapie aus oralen Antidiabetika (OADs) und schnell wirksamem Mahlzeiteninsulin und wendet sich vorrangig an Diabetiker, deren Körper noch selbst Insulin produzieren kann.

Durch den Effekt, Glukose aus dem Blut in die Körperzellen zu schleusen, stellt Insulin ein aufbauendes Hormon dar, es führt zur Gewichtszunahme. So ergibt sich beim Typ 2-Diabetiker, bei dem eine Insulinresistenz vorliegt und eigentlich zu viel Insulin im Körper zirkuliert, vor dem Problem, dass die Gewichtszunahme durch die weiter Zufuhr des Mahlzeiteninsulins noch weiter verstärkt wird. Um diesem Effekt zu begegnen, wir die benötigte Insulinmenge durch die supplementäre (ergänzende) Einnahme eines oralen Antidiabetikums, z.B. Metformin, vermindert. Da bei dieser Therapieform keine Zwischenmahlzeiten eingenommen werden müssen und das Mahlzeiteninsulin die Stoffwechsellage gut kontrollieren kann, wird eine Gewichtsabnahme zusätzlich erleichtert.

Basalinsulin-unterstützte orale Therapie (BOT)

Die Basalinsulin-unterstützte orale Therapie (BOT) gilt als einfacher und Leitlinien-konformer Einstieg in die Insulintherapie, wenn die Gabe von oralen Antidiabetika nicht mehr ausreicht, um den Blutzuckerspiegel zu senken. Zusätzlich zu den oralen Antidiabetika wird ein lang wirksames Insulin verabreicht, das meist einmal pro Tag gespritzt wird. Das Basisinsulin beeinflusst dabei vor allem den Nüchternblutzucker, der unter der alleinigen Einnahme von OADs in den frühen Morgenstunden häufig erhöht ist.

Die BOT stellt eine einfach handzuhabende Insulintherapieform dar. Das Basalinsulin muss nur einmal täglich zu einem flexiblen Zeitpunkt verabreicht werden, mehrfaches Blutzuckermessen über den ganzen Tag hinweg ist nicht erforderlich. Ebenso müssen keine Zwischenmahlzeiten eingenommen werden, was der Gewichtszunahme entgegensteuert. Die BOT ist zudem durch ein niedriges Risiko während der Nachtruhe auftretender Hypoglykämien gekennzeichnet.

Basalinsulin-unterstützte orale Therapie plus (BOT plus)

Die Basalinsulin-unterstützte orale Therapie plus (BOT plus) kommt vor allem dann infrage, wenn bei normalen Nüchternblutzuckerwerten der HbA1c-Wert nicht im individuellen Zielwertbereich des Patienten liegt und zusätzliche die postprandialen Blutzuckerspitzen bei einer Mahlzeit besonders ausgeprägt sind. 

In diesen Fällen kann unter Beibehaltung der OADs (mit Ausnahmen von Glinidine und Sulfonylharnstoffen) mit einer stufenweisen Addition eines rasch und kurz wirksamen Insulin- Analogons auf einfache und individuelle Weise eine verbesserte Blutzuckereinstellung erreicht werden. Die Problemmahlzeit wird durch 3x tägliche Blutzuckermessung, jeweils 2 nach der Mahlzeit, identifiziert. Zunächst reicht meist eine einmalige prandiale Injektion zur täglichen Hauptmahlzeit aus. Diese sogenannte BOT-plus-Strategie ist gut verträglich und mit einer signifikanten Verbesserung des HbA1c Wertes, niedrigen Hypoglykämieraten und limitierter Gewichtszunahme verbunden.

Basalinsulin-unterstützte Inkretin Therapie (BIT)

Bei der BIT wird ein GLP-1 Rezeptoragonist (RA) mit einem Basalinsulin kombiniert. Dies wurde bereits 2015 als Option für Typ-2 Diabetes in die Leitlinienempfehlung mit aufgenommen. Das Basalinsulin wirkt vorrangig zwischen den Mahlzeiten, während der GLP-1 RA den postprandialen Blutzuckeranstieg nach den Mahlzeiten verhindert. Zudem haben GLP-1 RA einen positiven Einfluss auf das Körpergewicht und reduzieren den Appetit.

Kontinuierliche subkutane Insulininfusion: Pumpentherapie (CSII)

Die Therapie mittels Insulinpumpe kann aktuell als fortschrittlichste Form der Insulintherapie angesehen werden und kommt überwiegend Typ 1-Diabetikern, die über keinerlei körpereigenes Insulin verfügen, zugute. Die Pumpentherapie bietet eine Reihe von Vorteilen, die durch die hohen Kosten dieser Therapieform etwas überschattet werden. 

Vorteile einer Insulintherapie mittels Insulinpumpe sind z.B. ein geringes Hypoglykämierisiko durch die zielgenaue Dosierbarkeit, die genaue Dosierbarkeit von Basalrateninsulin und Mahlzeiten-anhängigem Insulin oder die bessere Kontrolle des morgendlichen, hormonell bedingten Blutzuckeranstiegs (sogenanntes Dawn-Syndrom; dawn [engl.] für Morgendämmerung). Insulinpumpen können zudem sehr geringe Insulindosen, z.B. für Kleinkinder berücksichtigen und werden u.a. auch bei Schichtarbeitern (unregelmäßiger Tagesrhythmus), unzureichend eingestelltem HbA1c-Wert oder nicht anders einstellbarem Schwangerschaftsdiabetes angewendet.

Mehr Informationen zu den Formen der Insulintherapie finden Sie hier.