Insuline
Jede Diabetesform ist durch eine Störung des Insulinhaushalts gekennzeichnet. Bei Typ 1-Diabetes ist der Körper nicht in der Lage, das lebenswichtige Hormon Insulin zu produzieren, was eine lebenslange Insulintherapie erforderlich macht. Bei Menschen mit Typ 2-Diabetes sind im Durchschnitt zum Zeitpunkt der Diagnose etwa 50% aller insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse schon zugrunde gegangen. Mit dem weiteren Verlauf der Erkrankung nimmt die Insulinproduktion immer weiter ab, bis der Betroffene schließlich insulinpflichtig wird, also eine Insulintherapie benötigt.
Studien konnten zeigen, dass eine frühzeitige "Insulinisierung", also der Beginn einer Insulintherapie, die Häufigkeit von Komplikationen im weiteren Krankheitsverlauf reduziert.1 Außerdem konnte gezeigt werden, dass bei neu diagnostizierten Typ 2-Diabetikern ein sofortiger Einstieg mit einer kurzfristigen Insulintherapie die Therapie nach einiger Zeit nicht mehr erforderlich war.2
Der Unterschied liegt in der Wirkdauer
Insuline unterscheiden sich hauptsächlich in ihrer Wirkdauer, wobei in kurzwirksame und langwirksame Insuline sowie sogenannte Mischinsuline, eine Mischung aus kurz- und langwirksamem Insulin, unterteilt wird.
- Langwirksame Insuline werden zur Abdeckung des Insulin-Grundbedarfs (Basalrate) verwendet.
- Kurzwirksame Insuline werden eingesetzt, um die Blutzuckerspitzen nach dem Essen abzudecken.
- Mischinsuline versuchen, mit einer Kombination kurz- und langwirksamer Insuline Basalrate und Blutzuckerspitzen abzudecken.

Kurz- und sehr kurz wirksame Insuline
Kurz wirksame Insuline: Normalinsulin
Normalinsulin oder Humaninsulin, umgangssprachlich auch Alt-Insulin, war das erste Insulin, das zu Behandlung von Diabetes verwendet wurde. Es ist der einzige Vertreter der kurz wirksamen Insuline. Der Begriff Alt-Insulin ist allerdings nicht mehr gebräuchlich. Bereits in den 1930er Jahren kamen Insulinpräparate mit veränderter Wirkdauer auf den Markt, die sogenannten Insulinanaloga. Im Unterschied zu den Insulinanaloga ist Normalinsulin nicht biochemisch verändert, es entspricht zu 100% dem körpereigenen Hormon.
Der Wirkeintritt von Normalinsulin erfolgt nach 30 Minuten, was das Einhalten eines "Spritz-Ess-Abstands" von 30 Minuten erforderlich macht, d.h. zwischen dem Verabreichen des Insulins und der Mahlzeit muss ein Abstand von einer halben Stunde liegen. Dieser zeitliche Puffer stellt sicher, dass sich die Wirkung des Insulins während und nach dem Essen entfalten kann und so auch den Blutzuckerspitzen nach dem Essen entgegenwirkt.
Kurz und schnell wirksame Insuline
Die kurz und sehr schnell wirksamen Abkömmlinge (Analoga) des Normalinsulins stellen biochemisch veränderte Insuline dar. Sie erfüllen die Bedürfnisse des Körpers besser als Normalinsulin, was zu einer besseren Blutzuckereinstellung beiträgt.
Da der Wirkeintritt bereits nach 10 Minuten erfolgt, können diese kurz wirksamen Insuline direkt vor dem Essen, manche sogar erst nach dem Essen gespritzt werden, das Einhalten eines Spritz-Ess-Abstands ist nicht mehr erforderlich. Kurz wirksame Insulinanaloga sind auch jene Insuline, die in der Pumpentherapie Anwendung finden.
Zu den kurz und schnell wirksamen Inuslinen zählen Insulin glulisin, Insulin lispro und Insulin aspart.
Mittellang wirksame Insuline: NPH-Insulin
NPH-Insulin (Neutral Protamin Hagedorn-Insulin), auch als Insulin-Isophan bezeichnet, wurde von Hans Christian Hagedorn entwickelt und verfügt durch einen hinzugefügten Eiweißkörper (Protaminsulfat) über eine verlängerte Wirkdauer von 11-20 Stunden, abhängig von der Dosis. Durch die mittellange (intermediäre) Wirkdauer kann der Insulin-Grundbedarf über den Tag hinweg abgedeckt werden, also jener Insulinbedarf, der unabhängig von den Mahlzeiten besteht.
Bei NPH-Insulin ist es besonders wichtig, den Insulin-Pen vor der Verabreichung sanft und ausreichend lange in den Händen zu rollen, da sich der zugesetzte Eiweißstoff nach längerem Liegen absetzt. Zum Aufschlämmen des milchig-weißen Bodensatzes kann der Pen auch gekippt oder geschwenkt werden, jedoch dürfen Insuline generell keinesfalls geschüttelt werden.
Lang wirksame Insuline
Lang wirksame Insuline oder Verzögerungsinsuline sind biochemisch veränderte Insuline mit einer, in Vergleich zum körpereigenen Insulin, deutlich verlängerten Wirkdauer, Lang wirksame Insuline zeigen ein gleichmäßiges Wirkprofil, wodurch das Risiko einer Unterzuckerung (Hypoglykämie) niedriger ist als bei NPH-Insulinen. Da die verlängerte Wirkdauer nicht aufgrund eines zugesetzten Eiweißstoffs zustande kommt, sondern durch Veränderungen am Insulinmolekül selbst, müssen lang wirksame, aber auch kurz wirksame, Insulinanaloga vor der Verabreichung nicht durchmischt werden.
Zu den lang wirksamen Insulinen zählen Insulin detemir, Insulin glargin und Insulin degludec. Ihre Wirkdauer beträgt bis zu über 24 Stunden, abhängig von der Dosis.

Wirkprofile unterschiedlicher Insuline nach subkutaner Injektion (modifiziert nach Wikimedia Commons)
Mischinsuline
Mischinsuline bestehen aus einem kurz wirksamen Normalinsulin und einem lang wirksamen NPH-Insulin. durch diese Kombination kann die Anzahl der Insulininjektionen über den Tag reduziert werden. Eine Therapie mit Mischinsulin weniger flexibel und folgt einem fixem Plan. Für eine erfolgreiche Therapie müssen verschiedene Faktoren beachtet werden: Injektionszeit, Menge und Zeitpunkt der täglichen Kohlenhydrataufnahme und körperliche Aktivität sollten festgelegt und nur wenig geändert werden.
Mischinsuline kommen in unterschiedlichen Mischverhältnissen vor, die man an den Zahlen nach dem Produktnamen ablesen kann, z.B. 30/70 oder 50/50

Quellen
1 UKPDS 33. Lancet 1998;352:837-53
2 Weng J et al.Lancet. 2008 May 24;371(9626):1753-60